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Posse im Bauausschuss: Politik lehnt Bürgerentscheid ab

Uetersener Bürgermeister Dirk Woschei räumt Widersprüche ein

Sitzungsunterbrechung: Mitglieder des Uetersener Bauausschusses beraten sich nach ihrer Beschlussfassung, die Fragen aufwarf. (Foto: Frank)

Uetersen (jhf) Das Leben hält so seine Fallstricke bereit, von denen auch die Lokalpolitik nicht verschont bleibt. Ein Beschluss des Uetersener Bauauschusses in dessen Sitzung am Dienstag geriet zur Posse. Das Gremium lehnte es mehrheitlich ab, dass „an der Durchführung des Bürgerentscheids am 08. Mai 2022 festgehalten“ wird. Es stellt sich die Frage: Darf ein Bauausschuss einfach einen genehmigten Bürgerentscheid kippen?

Grünen-Fraktionschef Jens Ewald: "Das ist Unfug!"

Dass der Ausschuss mit dem Beschluss seine Kompetenzen überschritten hat, wird an einer Auskunft der Kommunalaufsicht an Bürgermeister Dirk Woschei (SPD) deutlich. Für das Amt ist es völlig klar, dass der Bürgerentscheid stattfinden wird. Der Bauausschuss-Beschluss ist wirkungslos. Vermutlich wollte auch keiner der Feierabendpolitiker den Bürgerentscheid vereiteln. Die Abstimmung verlief jedoch unglücklich. Das stellte Grünen-Fraktionsvorsitzender Jens Ewald im Anschluss fest. „Das ist Unfug!“, rief er in den Saal der Kleinen Stadthalle hinein.

Unklarheit blieb bestehen

Die Politiker unterbrachen daher die Sitzung, um sich zu beraten. Am Ende blieb die Unklarheit bestehen, sodass Bürgermeister Dirk Woschei (SPD) ankündigte, am folgenden Tag die Kommunalaufsicht zu Rate ziehen zu wollen.

Verwaltung legte zweiteiligen Beschluss vor

Hintergrund: Der Bauausschuss beschloss am 3. August die Bebauung von Feuchtwiesen an der Straße Kleine Twiete. Dort sollen Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser sowie eine Kita entstehen. Die Bürgerinitiative (BI) „Lebenswertes Uetersen“ will das verhindern. Mit 1549 Unterschriften erreichten die Aktiven um Anwohner Bernd Szwirblatt, dass der Kreis Pinneberg einen Bürgerentscheid bewilligte, den die Ratsversammlung auf Sonntag, 8. Mai, legte.
Am Dienstag wollte die BI dem Ausschuss entgegenkommen: Wenn die Politik ihre Beschlüsse für das Baugebiet zurücknähmen, wollte die BI auf den Bürgerentscheid verzichten und der Stadt damit die Kosten von 12.500 Euro ersparen. Das Rathaus hatte zwei Beschlüsse vorbereitet: Es schlug der Politik unter „Alternative 1“ vor, den Beschluss für das Baugebiet aufzuheben. Damit hätte sich der Bürgerentscheid erübrigt. Unter „Alternative 2“ sollte abgestimmt werden, ob am Bürgerentscheid festgehalten wird. Damit verbunden wäre, dass die Politik bis dahin die Beschlüsse für das Baugebiet aufrechterhält. So weit, so logisch. Bis dahin war die Welt noch weitgehend in Ordnung.

BfB: Beschluss über 12.500 Euro sei weitergehender als Beschluss über Baugebiet

Dann kam alles anders. Ratsherr Holger Köpcke (Bürger für Bürger Uetersen, BfB) wies darauf hin, dass über Alternative 2 zuerst abgestimmt werden müsse, weil sie mit Kosten verknüpft und damit „weitergehend“ sei. Die Verwaltung hätte hier einschreiten können. Wenn sie auf der Reihenfolge der Abstimmungen beharrt hätte, hätte sie dem Gremium die folgende Posse erspart. Denn ein Nein für das Baugebiet hätte einen Verzicht auf den Bürgerentscheid nach sich gezogen – übrigens durch die Bürgerinitiative, nicht durch die Politik. Nach einem Ja für das Baugebiet hätte nur noch ein Ja für den Bürgerentscheid kommen dürfen. Doch die Hauptamtlichen schwiegen, während die Ehrenamtlichen in umgekehrter Reihenfolge abstimmten und sich in Widersprüche verstrickten.

BfB-Ratsfrau wechselte die Seiten

SPD und Grüne hatten sich stets gegen das Baugebiet ausgesprochen und votierten bei „Alternative 2“ mit Nein und bei „Alternative 1“ mit Ja. Mit anderen Worten: Nein, wir wollen nicht am Bürger-entscheid festhalten. Ja, wir wollen die Beschlüsse zum Baugebiet aufheben. Mit diesem Votum hätte die BI ihren Willen bekommen. Aber dazu kam es nicht: Bei „Alternative 2“ erreichten SPD und Grüne zwar zusammen mit BfB-Ratsfrau Anke Meske die Mehrheit. Bei „Alternative 2“ wechselte Meske aber die Seiten, sodass SPD und Grüne unterlagen.

Nein für Bürgerentscheid, Ja für Baugebiet

Im Ergebnis hatte der Ausschuss beschlossen: Nein, wir brauchen den Bürgerentscheid nicht. Ja, wir bleiben bei dem Baugebiet. Wenn diese Beschlüsse wirklich rechtens und wirksam wären, hätte das Gremium den Sinn eines Bürgerentscheids als Möglichkeit der Bevölkerung, politische Beschlüsse zu ändern, kurzerhand ausgehebelt. Damit nicht genug: Gerade SPD und Grüne, die das Baugebiet ablehnen, hätten den Bürgerentscheid dagegen mit verhindert.

Kommunalaufsicht: Bürgerentscheid kommt

Bürgermeister Dirk Woschei teilte auf Anfrage mit: „Wenn man so will, wurde gar nichts beschlossen, da die beiden Beschlüsse sich widersprechen.“ Die Kommunalaufsicht habe festgestellt: Solange der Aufstellungsbeschluss für das Baugebiet nicht aufgehoben ist, gelte der Bürgerentscheid. Das Thema steht am 10. März erneut zur Beratung an.

 

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