Neumünster (rjs) – Alles geht einmal zu Ende und für den Sänger Fish, den viele über seine ehemalige Band Marillion und den Welterfolg „Kayleigh“ kennen, ist nun der perfekte Zeitpunkt gekommen, sich von den Bühnen der Welt zu verabschieden. Im Oktober und November geht er zu allerletzten Mal auf Europatour, um sich von seinen Fans zu verabschieden. Im kommenden Jahr stehen im Januar und Februar die Konzerte im Vereinten Königreich an. Grund genug, um sich mit dem Sänger zu einem ausführlichen Telefoninterview zu verabreden und über die Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit zu plaudern.
Prima Wochenende: Hallo und viele Grüße aus Neumünster. Vielleicht hast Du von der Stadt schon mal gehört? Hier hat der Schriftsteller Hans Fallada (1893 bis 1947) gewohnt und war hier sogar im Gefängnis inhaftiert. Du hattest auf deinem letzten Album den von ihm inspirierten Titel „Little Man What Now?“ also „Kleiner Mann - Was nun?“
Fish: Oh mein Gott! Ja, Fallada war auf jeden Fall eine sehr interessante Person. Ich weiß nicht mehr genau, welches Buch ich als erstes von ihm gelesen habe. Ich denke es müsste „Jeder stirbt für sich allein“ gewesen sein. Ich habe es durch Zufall in einem Flughafen gesehen und gekauft. Es hat mich sofort begeistert, so dass ich mehr von Fallada gelesen habe. Als sehr intensiv empfand ich „Der Trinker“. Darin beschreibt er, wie der Protagonist langsam in den Alkoholismus schliddert. Es ist ein sehr sehr düsteres Werk.
„Kleiner Mann, was nun?“ beschreibt wie die der gemeine Mensch durchs Leben taumelt. Mein Text „Little Man What Now“ war der Erste, denn ich für Weltschmerz geschrieben habe. Es war zu dem Zeitpunkt ein wichtiger Durchbruch für mich, denn im Mai 2016 ist mein Vater verstorben und das hat bei mir zu einer Schreibblockade geführt. In der Zeit war es sehr schwierig für mich, überhaupt etwas zu schreiben beziehungsweise zu Texten. Irgendwann habe ich angefangen „Little Man ...“ als eine Art Prosa-Text zu verfassen, der dann später zu dem Liedtext wurde. Nun liebe ich es, diesen Song und die dazugehörigen Zeilen zu singen!
Prima Wochenende: Wo wir bei dem Thema „Singen“ sind – Du gehst ja jetzt auf deine Abschiedstour. Dazu gibt es auch Tourplakat, dass schon ein paar Hinweise gibt, was man bei den Shows erwarten kann.
Fish: Es wird definitiv die letzte Tour sein und wir schöpfen aus den Vollen schöpfen. Wir haben für die Konzerte insgesamt 34 Songs geprobt. Fans können jeden Abend immer eine leicht abgeänderte Setlist erwarten, wo mal der eine oder andere Song zum Zug kommt. Zuhören gibt es Lieder aus allen Perioden meiner Schaffenszeit. Es wird das letzte Mal sein, wo ich einen Song wie „Incubus“ spielen werden. Zudem nutze ich auch die Gelegenheit zum ersten Mal Titel vom „Weltschmerz“ Album zu peformen. Wenn man so möchte, dann ist „Weltschmerz“ sozusagen mein deutschestes Album und ich finde es irgendwie schön, die Songs hier zu präsentieren. So richtig waren wir mit der Platte hier nicht auf Tour, da uns der ganze Brexit-Scheiß und die Pandemie uns quasi das Genick gebrochen haben. Auf der „Clutching at Straws Tour waren nur wenige Lieder davon zu hören. Ein weiterer Faktor ist die Band, die auf diese Tour kommt. Es ist quasi wie in Hollywood, wo die Besten der Besten aufeinandertreffen. So ist unter anderem Mickey Simmonds wieder dabei. Er spielte schon auf meinen ersten beiden Soloplatten. Mit Robin Boult habe ich öfters zusammengearbeitet und Steve Vantsis half mir bei meinen letzten Platten. All diese Musiker kommen nun für die letzte Runde zusammen – alte und neue Weggefährten, die mich ein letztes Mal begleiten. Das Erstellen der Setlist hat echt viele Nachmittage in Anspruch genommen, da ich doch einiges an Klassikern vorweisen kann. „The Company“, „Family Business“, „Raingods With Zippos“ und und und... Ich denke, dass wir daraus nun einen guten Mix erstellt haben.
Prima Wochenende: Wo wir gerade auch schon etwas über „Weltschmerz“ gesprochen haben, hat es Dir wieder mehr Hörer beziehungsweise Fans beschert? Die Kritiken dazu waren dazu durchgehend positiv bis euphorisch.
Fish: Leider ist es durch die Covid-Pandemie untergegangen. Deshalb legen wir bei den aktuellen Konzerten einen gewissen Fokus darauf. Im Handel gab es das Album auch nicht überall zu kaufen. Deshalb ist das Album nun auch am Merchandise-Stand käuflich zu erwerben.
Prima Wochenende: Was wird es am Merchendise-Stand noch zu kaufen geben?
Fish: Ich habe auch die Wiederveröffentlichungen meiner ersten beiden Soloplatten als Deluxe-Versionen dabei. Auch hier ist es die letzte Gelegenheit, diese zu kaufen. Sind sie vergriffen, pressen wir die Alben nicht mehr nach. Die Deluxe-Versionen bestehen aus mehreren Cds und enthalten jeweils noch eine Bluray/DVD mit den jeweiligen Dokus zu den Platten.
Prima Wochenende: Wie wird es denn für Dich weiter gehen?
Fish: Nächstes Jahr ist definitiv Schluss mit der Musik. Nach der Tour ziehe ich mit meiner Frau Simmone, die übrigens aus Karlsruhe kommt, um. Ihr Wunsch war es immer ein kleines Café oder Restaurant zu haben. Dieser Wunsch wird ihr nun erfüllt. Wir haben eine kleine Farm gekauft und da wird es natürlich viel zu tun geben. Dazu gehören zum Beispiel viele Schafe.
Wir haben für die Schafsladys auch einen Bock gekauft. Diesen werden wir nach dem Ende der Tour dann der Herde zuführen. Das könnte interessant werden. Zudem möchte ich dann mit den Bücherschreiben anfangen - natürlich meine Biografie aber auch andere Dinge. Ich gehe jetzt nicht in Rente, aber ich widme mich in den kommenden Jahren einfach anderen Aufgaben.
Prima Wochenende: Hast Du schon angefangen, etwas zu schreiben?
Fish: Nein, dafür war einfach noch keine Zeit. Es gab so viel anderen noch zu tun. Die Tour musste vorbereitet werden, die Wiederveröffentlichungen haben viel Zeit in Anspruch genommen, da sie neu abgemischt worden sind und ich dazu noch Linernotes verfasste. Wir kümmerten uns um den Hausverkauf und vieles mehr. Wer hätte das gedacht, dass ich irgendwann als Farmer ende? Es warten noch viele Abenteuer auf mich aber mit der Musik wird im kommenden Jahr Schluss sein. Ich bin nun 66 Jahre alt, da möchte ich nicht weiter im unbequemen Tourbus unterwegs sein.“
Am 10. Oktober ist Fish zum letzten Mal in Hamburg in der Großen Freiheit 36 zu sehen. Es sind noch Ticktes an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich